Liebes Instagram,
das hier wird ein Abschiedsbrief. Ein letztes Mal schreibe ich dir auf deiner Plattform. Die Wahrheit ist: Du brauchst mich nicht. Doch ich dachte: Ich brauche dich. Um gesehen zu werden. Um Menschen mit meinen Worten zu erreichen. In unseren glorreichen Zeiten, zurück in 2018, als ich 2.500 Follower hatte und meine Beiträge 300 Herzen - da fühlte ich mich dir ganz nah.
Ich dachte, ich hätte dich verstanden.
Wir führten schon immer eine Beziehung im Ungleichgewicht: Ich, der etwas zu sagen hat, was für eine oberflächliche Welt meistens sowieso zu tief ist, und du, der die Verkörperung jener oberflächlichen Welt bist.
Dass das nicht zusammenpassen kann, hätte mir seit Jahren klar sein müssen. Stattdessen zog ich mich immer wieder von dir zurück. Nur um Wochen oder Monate später wiederzukommen. Du hast mich, wie in einer Beziehung, die nicht sterben wollte, immer wieder um den Finger gewickelt.
Du schicktest mir deine Gurus, die mir erklären wollten, wie du funktionierst. Natürlich unterstützt du sie, denn sie dienen ja deinem Erhalt.
Du lebst davon, Menschen abzulenken. Alles, was dich interessiert, ist, sie so lange bei dir zu halten, dass du so viele Werbeanzeigen wie möglich anzeigen kannst.
Ich stelle das nur fest. Ich werte nicht. Du tust dein Spiel und du spielst es großartig.
Nur werde ich davon kein Teil mehr sein. Nie mehr werden. Jedes Mal, wenn ich in deine Welt trete, öffne ich ein großes Spiegelkabinett, in dem ich mich jedes Mal ein wenig verliere, weil ich versuche, „richtig“ zu sein.
Richtig im Sinne deines Algorithmus, der Religion deiner Jünger, die dich anbeten.
Du lenkst Menschen ab von sich selbst. Du und TikTok haben die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen auf unter drei Sekunden gedrückt. Und ich? Ich versuchte in diesem Spiel mitzuhalten. Reels zu machen. Meine Räume in deine Formate zu pressen. Mich in deine Formate zu pressen.
Endlich kann ich das loslassen. Auch wenn deine Fangarme versuchen, mich zurückzuholen. Wenn du mir Sätze in den Kopf sendest wie: »Aber X oder Y bekommt es doch auch hin. Und sie oder er ist auch tief. Also kann es ja nur an mir liegen!«. Wir wissen beide, wer der Absender solcher Gedanken ist. Ich bin stark genug, dich zu verlassen, weil ich eins erkannte habe:
Auch ich brauche dich nicht, genauso wenig wie du mich.
Die Menschen, für die ich bin, werden mich auch ohne dich finden. Meine Lebensenergie bleibt künftig bei mir. Und ich investiere jede Faser davon in mein Schreiben. Anstatt mir sonntags Gedanken darüber zu machen, welches Reel oder welchen Carousel-Post ich heute verfasse, drücke ich lieber meine Kinder und habe einen wunderbaren Vormittag mit ihnen.
Es mag sein, dass du für andere funktionierst. Für mich tust du es jedenfalls nicht.
Darum, Instagram - ich mache Schluss. Und es gibt diesmal kein Zurück mehr.